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.-287-»Ich kenne eine Methode«, hatte Guldberg gesagt, »in dieserneuen Situation Ihren Lebenswillen zu stärken.«Anschließend hatte er ihm ein Buch überreicht.Es war dieLebensbeschreibung eines bekehrten Freidenkers von OveGuldberg, erschienen 1760.Struensee hatte sich bedankt.»Warum?« hatte er nach einem langen Schweigen gefragt.Dann hatte er hinzugefügt:»Ich werde ja doch sterben.Das wissen wir beide.«»Das wissen wir«, hatte Guldberg gesagt.»Warum kommen Sie dann?«Es war eine so seltsame Begegnung gewesen.Guldberg schien an Struensees Wohlwollen gelegen zu sein, erwar besorgt über die Apathie, die der Gefangene zeigte.Er war indem Kerkerloch auf und ab gegangen, gleichsam witternd, wie einHund, unruhig, besorgt, ja, es war, als habe ein sehr geliebterHund eine neue Hütte bekommen und der Besitzer des Hundesinspiziere sie jetzt und mache sich Sorgen.Guldberg war ein Stuhlhereingebracht worden, er hatte sich gesetzt.Sie hatten einanderbetrachtet.Schamlos, hatte Struensee gedacht.»Schamlos« mustert er mich.»Eine bescheidene Schrift«, hatte Guldberg freundlich gesagt,»während meiner Zeit an der Akademie Sorø verfaßt.Aber sieenthält eine interessante Bekehrungsgeschichte.«»Ich habe keine Angst zu sterben«, hatte Struensee gesagt.»Undich bin ziemlich schwer zu bekehren.«»Sagen Sie das nicht«, hatte Guldberg erwidert.Unmittelbar bevor er gegangen war, hatte er Struensee ein Bildüberreicht.Es war ein Kupferstich, der die Prinzessin darstellte,Caroline Mathildes und Struensees kleine Tochter, im Alter vonetwa vier Monaten.»Was wollen Sie«, hatte Struensee da gefragt.»Denken Sie über die Sache nach«, hatte Guldberg gesagt.»Was wollen Sie«, hatte Struensee wiederholt.-288-Zwei Tage später war Guldberg wiedergekommen.»Die Tage sind kurz, und das Licht ist schwach«, hatte Struenseegesagt.»Ich habe das Buch nicht lesen können.Ich habe nochnicht einmal angefangen.«»Ich verstehe«, hatte Guldberg gesagt.»Haben Sie voranzufangen?«»Ich wiederhole, daß ich schwer zu bekehren bin«, hatteStruensee gesagt.Es war am Nachmittag gewesen, die Zelle sehr kalt, aus beiderMündern kam Dampf.»Ich möchte«, hatte Guldberg gesagt, »daß Sie sehr lange dasBild des kleinen Mädchens betrachten.Ein Hurenkind.Aber sehrsüß und anziehend.«Dann war er gegangen.Worauf wollte er hinaus?Diese regelmäßig wiederkehrenden, kurzen Besuche.SonstSchweigen.Die Wachen erzählten nichts, die Fenster der Zellesaßen hoch, das Buch, das er bekommen hatte, war neben derBibel das einzige, was er lesen konnte.Am Ende hatte er, fast imZorn, angefangen, Guldbergs Traktat zu lesen.Es war einerührende Geschichte, nahezu unerträglich in ihrer grauenDürftigkeit, die Sprache wie eine Predigt, die Handlung ohneSpannung.Es beschrieb einen durch und durch guten Menschen,begabt, bieder, gesellig und von allen geliebt, und wie dieser zumFreidenkertum verführt worden war.Dann hatte er seine Verirrungeingesehen.Das war alles.Er hatte sich mühsam durch die hundertsechsundachtzig Seitengequält, in diesem Dänisch, das er nur mit Selbstüberwindung las,und nichts verstanden.Was wollte Guldberg?Vier Tage später war er wiedergekommen, hatte den kleinen Stuhlhereintragen lassen, sich gesetzt und den Gefangenen auf seinemBett betrachtet.»Ich habe es gelesen«, hatte Struensee gesagt.-289-Guldberg hatte nicht geantwortet.Er hatte nur ganz ruhig dagesessen, und dann, nach einem langen Schweigen und mit leiser,aber deutlicher Stimme gesagt:»Ihre Sünde ist groß.Ihr Glied hat den Thron des Landesbeschmutzt, Sie sollten es abschneiden und angeekelt von sichwerfen, aber Sie haben noch andere Sünden auf Ihrem Gewissen.Das Land ist in Unruhe gestürzt worden, nur Gott und SeineAllmächtige Gnade haben uns gerettet.Dänemark ist jetzt gerettet.Alle Ihre Dekrete sind widerrufen worden.Eine feste Führung lenktdas Land.Sie werden jetzt, schriftlich, die schändliche und sündigeIntimität, in der Sie mit der Königin standen, gestehen und IhreSchuld bekennen.Danach werden Sie unter der Anleitung vonPastor Balthasar Münter, der wie Sie Deutscher ist, eineschriftliche Erklärung abfassen, in der Sie Ihre Bekehrungbeschreiben, daß Sie jetzt von allen ketzerischenAufklärungsideen Abstand nehmen und Ihre Liebe zu dem ErlöserJesus Christus erklären.«»Ist das alles?« hatte Struensee mit einer, wie ihm schien,unterdruckten Ironie gefragt.»Das ist alles.«»Und wenn ich mich weigere?«Guldberg hatte klein und grau dort gesessen und ihn unverwandtangestarrt, wie immer ohne zu blinzeln.»Sie werden sich nicht weigern.Und deshalb, weil Sie bereit seinwerden für diese Bekehrung und dadurch ein frommes Exempelwerden, ähnlich dem, das ich in meinem anspruchslosen Buchbeschrieben habe, werde ich persönlich dafür Sorge tragen, daßIhr kleines Hurenkind nicht zu Schaden kommt.Nicht getötet wird.Daß die Vielen, Vielen!!!, die sie daran hindern möchten,Dänemarks Thronprätendentin zu werden, ihren Willen nichtdurchsetzen.«Da hatte Struensee endlich verstanden.»Ihre Tochter«, hatte Guldberg in freundlichem Ton hinzugefugt,»ist doch Ihr Glaube an die Ewigkeit.Ist das nicht der Glaube desFreidenkers an das ewige Leben? Daß es nur durch die Kinderexistiert? Daß Ihr ewiges Leben nur in diesem Kind zu finden ist?«»Es wird niemand wagen, ein unschuldiges Kind zu töten.«-290-»An Mut mangelt es ihnen nicht.«Lange hatten sie schweigend dagesessen.Dann hatte Struenseemit einer Heftigkeit, die ihn selbst überraschte, ausgestoßen:»Und woran glauben Sie selbst? Daran, daß Gott Christianauserkoren hat! Oder den sabbernden Erbprinzen???«Und da hatte Guldberg ganz ruhig und still gesagt:»Weil Sie sterben werden, sollen Sie erfahren, daß ich IhreAuffassung nicht teile, diese : Königlichen Wichte9 - denn das istder eigentliche Sinn hinter Ihren Worten! der eigentliche Sinn! -wurden nicht von der Gnade Gottes umfangen.Daß ich glaube,daß auch diese geringen Menschen eine Aufgabe haben, dievielleicht gerade ihnen gegeben worden ist.Nicht hochmutigen,liederlichen, bewunderten und schonen Wesen wie Ihnen.Die jeneals Wichte betrachten.«»Das tue ich nicht!!!« hatte Struensee heftig entgegnet.»Und! Und daß Gott mir die Aufgabe zugedacht hat, jene gegendie Repräsentanten des Bösen zu verteidigen, unter denen einerSie sind.Und daß es meine, meine historische Aufgabe ist,Dänemark zu retten.«In der Tür hatte er gesagt:»Denken Sie darüber nach.Morgen zeigen wir Ihnen dieMaschinen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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.-287-»Ich kenne eine Methode«, hatte Guldberg gesagt, »in dieserneuen Situation Ihren Lebenswillen zu stärken.«Anschließend hatte er ihm ein Buch überreicht.Es war dieLebensbeschreibung eines bekehrten Freidenkers von OveGuldberg, erschienen 1760.Struensee hatte sich bedankt.»Warum?« hatte er nach einem langen Schweigen gefragt.Dann hatte er hinzugefügt:»Ich werde ja doch sterben.Das wissen wir beide.«»Das wissen wir«, hatte Guldberg gesagt.»Warum kommen Sie dann?«Es war eine so seltsame Begegnung gewesen.Guldberg schien an Struensees Wohlwollen gelegen zu sein, erwar besorgt über die Apathie, die der Gefangene zeigte.Er war indem Kerkerloch auf und ab gegangen, gleichsam witternd, wie einHund, unruhig, besorgt, ja, es war, als habe ein sehr geliebterHund eine neue Hütte bekommen und der Besitzer des Hundesinspiziere sie jetzt und mache sich Sorgen.Guldberg war ein Stuhlhereingebracht worden, er hatte sich gesetzt.Sie hatten einanderbetrachtet.Schamlos, hatte Struensee gedacht.»Schamlos« mustert er mich.»Eine bescheidene Schrift«, hatte Guldberg freundlich gesagt,»während meiner Zeit an der Akademie Sorø verfaßt.Aber sieenthält eine interessante Bekehrungsgeschichte.«»Ich habe keine Angst zu sterben«, hatte Struensee gesagt.»Undich bin ziemlich schwer zu bekehren.«»Sagen Sie das nicht«, hatte Guldberg erwidert.Unmittelbar bevor er gegangen war, hatte er Struensee ein Bildüberreicht.Es war ein Kupferstich, der die Prinzessin darstellte,Caroline Mathildes und Struensees kleine Tochter, im Alter vonetwa vier Monaten.»Was wollen Sie«, hatte Struensee da gefragt.»Denken Sie über die Sache nach«, hatte Guldberg gesagt.»Was wollen Sie«, hatte Struensee wiederholt.-288-Zwei Tage später war Guldberg wiedergekommen.»Die Tage sind kurz, und das Licht ist schwach«, hatte Struenseegesagt.»Ich habe das Buch nicht lesen können.Ich habe nochnicht einmal angefangen.«»Ich verstehe«, hatte Guldberg gesagt.»Haben Sie voranzufangen?«»Ich wiederhole, daß ich schwer zu bekehren bin«, hatteStruensee gesagt.Es war am Nachmittag gewesen, die Zelle sehr kalt, aus beiderMündern kam Dampf.»Ich möchte«, hatte Guldberg gesagt, »daß Sie sehr lange dasBild des kleinen Mädchens betrachten.Ein Hurenkind.Aber sehrsüß und anziehend.«Dann war er gegangen.Worauf wollte er hinaus?Diese regelmäßig wiederkehrenden, kurzen Besuche.SonstSchweigen.Die Wachen erzählten nichts, die Fenster der Zellesaßen hoch, das Buch, das er bekommen hatte, war neben derBibel das einzige, was er lesen konnte.Am Ende hatte er, fast imZorn, angefangen, Guldbergs Traktat zu lesen.Es war einerührende Geschichte, nahezu unerträglich in ihrer grauenDürftigkeit, die Sprache wie eine Predigt, die Handlung ohneSpannung.Es beschrieb einen durch und durch guten Menschen,begabt, bieder, gesellig und von allen geliebt, und wie dieser zumFreidenkertum verführt worden war.Dann hatte er seine Verirrungeingesehen.Das war alles.Er hatte sich mühsam durch die hundertsechsundachtzig Seitengequält, in diesem Dänisch, das er nur mit Selbstüberwindung las,und nichts verstanden.Was wollte Guldberg?Vier Tage später war er wiedergekommen, hatte den kleinen Stuhlhereintragen lassen, sich gesetzt und den Gefangenen auf seinemBett betrachtet.»Ich habe es gelesen«, hatte Struensee gesagt.-289-Guldberg hatte nicht geantwortet.Er hatte nur ganz ruhig dagesessen, und dann, nach einem langen Schweigen und mit leiser,aber deutlicher Stimme gesagt:»Ihre Sünde ist groß.Ihr Glied hat den Thron des Landesbeschmutzt, Sie sollten es abschneiden und angeekelt von sichwerfen, aber Sie haben noch andere Sünden auf Ihrem Gewissen.Das Land ist in Unruhe gestürzt worden, nur Gott und SeineAllmächtige Gnade haben uns gerettet.Dänemark ist jetzt gerettet.Alle Ihre Dekrete sind widerrufen worden.Eine feste Führung lenktdas Land.Sie werden jetzt, schriftlich, die schändliche und sündigeIntimität, in der Sie mit der Königin standen, gestehen und IhreSchuld bekennen.Danach werden Sie unter der Anleitung vonPastor Balthasar Münter, der wie Sie Deutscher ist, eineschriftliche Erklärung abfassen, in der Sie Ihre Bekehrungbeschreiben, daß Sie jetzt von allen ketzerischenAufklärungsideen Abstand nehmen und Ihre Liebe zu dem ErlöserJesus Christus erklären.«»Ist das alles?« hatte Struensee mit einer, wie ihm schien,unterdruckten Ironie gefragt.»Das ist alles.«»Und wenn ich mich weigere?«Guldberg hatte klein und grau dort gesessen und ihn unverwandtangestarrt, wie immer ohne zu blinzeln.»Sie werden sich nicht weigern.Und deshalb, weil Sie bereit seinwerden für diese Bekehrung und dadurch ein frommes Exempelwerden, ähnlich dem, das ich in meinem anspruchslosen Buchbeschrieben habe, werde ich persönlich dafür Sorge tragen, daßIhr kleines Hurenkind nicht zu Schaden kommt.Nicht getötet wird.Daß die Vielen, Vielen!!!, die sie daran hindern möchten,Dänemarks Thronprätendentin zu werden, ihren Willen nichtdurchsetzen.«Da hatte Struensee endlich verstanden.»Ihre Tochter«, hatte Guldberg in freundlichem Ton hinzugefugt,»ist doch Ihr Glaube an die Ewigkeit.Ist das nicht der Glaube desFreidenkers an das ewige Leben? Daß es nur durch die Kinderexistiert? Daß Ihr ewiges Leben nur in diesem Kind zu finden ist?«»Es wird niemand wagen, ein unschuldiges Kind zu töten.«-290-»An Mut mangelt es ihnen nicht.«Lange hatten sie schweigend dagesessen.Dann hatte Struenseemit einer Heftigkeit, die ihn selbst überraschte, ausgestoßen:»Und woran glauben Sie selbst? Daran, daß Gott Christianauserkoren hat! Oder den sabbernden Erbprinzen???«Und da hatte Guldberg ganz ruhig und still gesagt:»Weil Sie sterben werden, sollen Sie erfahren, daß ich IhreAuffassung nicht teile, diese : Königlichen Wichte9 - denn das istder eigentliche Sinn hinter Ihren Worten! der eigentliche Sinn! -wurden nicht von der Gnade Gottes umfangen.Daß ich glaube,daß auch diese geringen Menschen eine Aufgabe haben, dievielleicht gerade ihnen gegeben worden ist.Nicht hochmutigen,liederlichen, bewunderten und schonen Wesen wie Ihnen.Die jeneals Wichte betrachten.«»Das tue ich nicht!!!« hatte Struensee heftig entgegnet.»Und! Und daß Gott mir die Aufgabe zugedacht hat, jene gegendie Repräsentanten des Bösen zu verteidigen, unter denen einerSie sind.Und daß es meine, meine historische Aufgabe ist,Dänemark zu retten.«In der Tür hatte er gesagt:»Denken Sie darüber nach.Morgen zeigen wir Ihnen dieMaschinen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]