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.Ich beschäftigte mich nachts mit WikiLeaks und tagsübermit den Anliegen meiner Kunden, und das immer häufiger vonzu Hause aus.Manchmal weckte mich um elf Uhr das Telefon,ein wichtiger Kunde war in der Leitung  Telefonkonferenz,total vergessen.In Unterhose strauchelte ich, aus dem Tiefsch-laf gerissen, über einen Packen geheimer Militärdokumente,der auf dem Boden ausgebreitet lag, und ließ mich in meinenSitzsack nieder.Und dann erläuterte ich den Topmanagern vonWeltkonzernen, während ich auf das Loch in meiner rechtenSocke guckte, wie großartig wir ihre Rechenzentren optimierenwürden.Danach widmete ich mich wieder den Dokumenten,den Geheimdienstpapieren und Korruptionsfällen, die alsNächstes auf die Seite sollten.Die Qualität meiner Arbeit bliebeinwandfrei.Meine Eltern hatten mich zu einem pflichtbe-wussten Menschen erzogen  und das vergisst sich nicht soschnell.Mitte 2008 war ich für meinen Arbeitgeber vier Wochen langin Moskau.Ich sollte dort den Aufbau eines Rechenzentrumsin einem Bürogebäude durchführen.Vor Ort stellte sich dannheraus, dass das ganze Unterfangen aus dem Ruder gelaufenwar.Ich wohnte ein bisschen außerhalb in einem Holiday Inn amSokolniki-Park im Nordosten von Moskau und musste jedenTag 45 Minuten mit der U-Bahn bis zu meinem Einsatzortfahren.Weil ich der einzige Nicht-Russe vor Ort war, also nurmir vertraut wurde, war ich bald Mädchen für alles.Der Kunderief täglich bei mir an.Ich schuftete rund um die Uhr. 84/287Außerdem galt es Hardware im Wert von einer knappen Mil-lion Dollar gegen Dreck und Staub zu schützen.Entweder einArbeiter schmirgelte die Wände vor dem Serverraum oder dieKlimaanlage leckte aus der Decke.Die Baustelle war ein Alptraum: Schutt und Müll verstecktendie schlecht bezahlten Arbeiter einfach im Zwischenboden.Noch bevor sie fertig waren, gab es schon die ersten Lecks inden Heizungsrohren, weil alle achtlos darauf herumliefen.Weilich von früh bis spät auf den Beinen war, hatten sich an meinenFüßen sogar Blutblasen gebildet.Ein Paar Doc Martens warnach Moskau komplett durchgelaufen.Die Stadt zerrte anmeinen Nerven.Einmal gönnte ich mir ein Kontrastprogramm und besuchtemeinen Austauschpartner, bei dem ich gewohnt hatte, als ichin der zwölften Klasse schon einmal in Russland gewesen bin.Wladimir* hatte Jura studiert.Wenn ich ihn fragte, was genauheute seine Aufgabe sei, sagte er: »Gefallen tun.« Er hatte vierFreundinnen, jeder hatte er ein Auto und eine Eigentums-wohnung geschenkt.Und was mich am meisten beeindruckte:In seinem Auto lag ein Schreiben vom Polizeichef, in demsinngemäß stand: »Diesen Mann bitte in Ruhe lassen.«Ich bin wirklich kein ängstlicher Beifahrer, aber wennWladimir* mit hundert Sachen auf eine Rechtsabbiegerspurzuraste oder gleich eine neue Spur für sich aufmachte, in derfesten Überzeugung, dass alle anderen ihm Platz machenmüssten und er vorm Verkehrsgericht ohnehin Recht bekäme,hielt ich mich doch an diesem Griff fest, der über dem Fensterangebracht ist.Aus meinem Bürofenster sah ich derweil auf mehrereRiesenbaustellen.Dort bauten moldawische Arbeiter gerade anneuen Rekorden.Links am höchsten Gebäude Europas undrechts am zweithöchsten Turm der Welt, wenn ich mich richtigerinnere.Die Arbeiter wohnten in kleinen Containerstädten, soetwas wie russische Townships, um die Stacheldraht gezogenwar.Mehr als fünfzig Arbeiter waren seit Beginn derBauarbeiten durch Unfälle gestorben. 85/287Es ist wirklich eine Schande, dass wir uns den Zuständen indiesem Land mit keinem Dokument zugewandt hatten, all dieJahre.Es traf einfach wenig Material aus Russland bei uns ein.Und wir konnten ja die Sprache nicht.Man konnte über unser-en Lieblingsfeind USA sagen, was man wollte, aber hier inMoskau brannte es auch an jeder Ecke.Ich hätte in diesenWochen auch gerne wieder mehr Zeit für WikiLeaks gehabt.Immerhin schaffte ich es, mich in Moskau mit TransparencyInternational zu treffen und ein Interview im Auslandsstudioder ARD zu geben.Zu diesem Zeitpunkt gab es eine erste Kündigungswelle beiuns am Standort, und der Betriebsrat schickte eine Mail herummit dem Angebot an alle Mitarbeiter, sich diesbezüglich be-raten zu lassen.Wenig später kam eine Mail von der Geschäfts-führung: Man dürfe die Viertelstunde, die ein Mitarbeiter beimBetriebsrat zubrächte, nicht als reguläre Arbeitszeit anrechnen.Blockwartallüren und pädagogischer Bullshit dieser Art kamenständig  sei es nun die Mahnung, nicht zu vergessen, dass der24.Dezember ein halber Arbeitstag sei, oder der Hinweis, dassKugelschreiber und Radiergummis Firmeneigentum seien.Ich arbeitete 16, 18 Stunden am Tag, und dann wurde einemunterstellt, man wolle seine Firma um eine Viertelstundebezahlte Arbeitszeit bescheißen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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